Bald nach dem Untergang der DDR wurden die Harzer Schmalspurbahnen wieder, was sie einst waren - eine Privatbahn. Und eine besondere: Das Meterspur-Netz, wieder ergänzt um die Brockenbahn, bietet dem Reisenden einen unnachahmlichen Reiz - nicht zuletzt, da ein Teil der Kurse noch immer mit Dampftraktion gefahren wird. 2005 wurde mit den Arbeiten zur Verlängerung der Selketalbahn auf den von der DB aufgegebenen, normalspurigen Abschnitt begonnen. Seit dem 26.06.2006 fahren nun HSB-Züge bis Quedlinburg. Und in Nordhausen wurde eine Verbindung ins Netz der Straßenbahn hergestellt. Seit 01.05.2004 verkehren zwischen der Straßenbahn-Haltestelle Nordhausen Krankenhaus und dem HSB-Haltepunkt Ilfeld-Neanderklinik Straßenbahnen mit Hybridantrieb des Typs DuoCombino. Im Bereich der Harzquerbahn erfolgt der Antrieb diesel-elektrisch.
Auf diesem, im Mai 1995 in Nordhausen aufgenommenen Bild ist dagegen eines der 6achsigen Diesel-'Harzkamele' der HSB zu sehen, die aus der früheren Reichsbahn-Baureihe V100 abgeleitet sind.
Hersteller
HSB-Dampfloks bedienen neben Sonderzügen planmäßig seit Juli 1992 wieder die steile und kurvenreiche Strecke auf den Brocken, die Mensch und Maschine einiges abverlangt. Die Lokomotiven dieser Baureihe stammen aus den 50er Jahren und wurden von der damals für die Bahn zuständigen Deutschen Reichsbahn auch für andere Schmalspurstrecken bestellt.
Eine schöne Szenerie gibt es, wenn die Züge in Wernigerode-Westerntor die Straße überqueren. Am 19.09.1999 mußte auch Reinhard Meißner warten, bis der Zug vorbei ist ... Zeit genug für ein Foto mit Lok 99 7245-6.
BORDER=1 Auch die HSB ist gezwungen, ihren Verkehr kostengünstig zu bestreiten. Wie in früheren Zeiten führte man für nachfrageärmere Kurse wieder Triebwagen ein. Zunächst wurden drei Fahrzeuge von der Langeooger Inselbahn beschafft.
Thomas Moschansky konnte das als 187 011-2 bezeichneten Triebwagen am 12.06.1999 im Bahnhof Eisfelder Talmühle aufnehmen.
Seit kurzem ist die Schmalspurbahn in Nordhausen bis auf den Bahnhofs-Vorplatz verlängert worden, um den Reisenden das Umsteigen in die städtische Schmalspurbahn zu erleichtern.
Inzwischen haben sich die HSB auch Neubau-Triebwagen liefern lassen. "Himbeerblitz" 187 015-3 ist der Prototyp, entstanden im ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) Wittenberge - er soll allerdings bald auch die HSB-Farben Creme-Rot tragen. Am 04.06.2000 hat er die Aufgabe, den Kurs von Hasselfelde nach Harzgerode zu bestreiten. Die HSB haben ihr Streckennetz schon recht gut in Schuß gebracht, doch der Abschnitt zwischen Hasselfelde und Stiege ist noch eine einzige La - der Zug braucht für die vier Kilometer Strecke rund 20 Minuten.
In Stiege trifft man übrigens auf eine kleine Kehrschleife, mit deren Hilfe man lokbespannte Züge ohne Umsetzen für die Rückfahrt bereitstellen kann.
Die endgültige Ausführung des Neubau-Triebwagens dagegen sieht so aus. Er wurde, nicht weit von hier, vom Fahrzeugbau Halberstadt gebaut und bietet immerhin 46 Sitz- und 69 Stehplätze. Mit 344 PS bzw. 253 kW bringt es der Triebwagen auf 50 km/h.
Am Abend des 02.06.2000 ist 187 018-7, durch einen Reisezugwagen verstärkt, mit dem letzten Kurs in Wernigerode eingetroffen.
Um die Selketalbahn von Wernigerode aus zu erreichen muß man schon gegen 7 Uhr aufbrechen, denn die Verbindungen zwischen den Strecken sind leider nicht die besten. Da könnte man schon noch einiges verbessern, vorallem zu touristischen Stoßzeiten. Hier noch ein interessanter Verweis zur Selketalbahn.
Noch ein Blick zurück auf vergangene Zeiten: Auf den Gleisen der heutigen HSB waren vor dem Krieg zwei Privatbahngesellschaften tätig, und zwar die Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn (NWE) und die Gernrode-Harzgeroder Eisenbahn (GHE).
Zu ersterer Bahn gehörte der 1995 in der MaLoWa (Mansfelder Lokomotiv- und Wagenreparatur Benndorf) rekonstruierte Triebwagen T3, den Reinhard Meißner am 19.09.1999 in Wernigerode ablichten konnte, wo er sich zur 100-Jahr-Feier der Harzer Bahnen präsentierte ... der Triebwagen natürlich! ;-)
Im HSB-Betriebswerk Wernigerode kann man am Rande recht gute Fotos machen, ohne den emsigen Bw-Betrieb zu stören.
Modellbahn
Die Harzquer- und Selketalbahn hatte eine wechselhafte Geschichte. Wie viele mitteldeutsche Bahnanlagen nach dem zweiten Weltkrieg wurde auch hier von der sowjetischen Besatzung als Kriegsentschädigung massiv demontiert: So traf es die gesamte Strecke von Gernrode bis Stiege und die Zweigstrecke Alexisbad - Harzgerode. Übrig blieben nur die Strecke Hasselfelde - Eisfelder Talmühle (für Holztransporte als Reparation; von der Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn betrieben, da die GHE abgeschnitten war) und das Anschlußgleis Verladung - Grube Herzogschacht (bei Straßberg; für Abtransport von Flußspat als Reparationsgut).
Im Oktober 1946 begann man dann mit dem Wiederaufbau. Weil es schwer war, Gleisbaumaterial zu bekommen, wurde erst im März 1949 der Güterverkehr zwischen Gernrode und Straßberg eröffnet. Der Personenverkehr zwischen Gernrode und Straßberg und nach Harzgerode wurde am 01.07.1950 aufgenommen. Dank der bahnfreundlichen Verkehrspolitik in der DDR wurde schließlich das fehlende Stück zwischen Stiege und Eisfelder Talmühle wiederaufgebaut und 1983 erneut in Betrieb genommen und so das Netz der Selketalbahn an sich wieder geschlossen und die Verbindung zur Harzquerbahn wieder nutzbar gemacht.
Reinhard Meißner konnte am 19.09.1999 auf den Gleisen des Bahnhofs Benneckenstein Lok 99 5906-5 aufnehmen. Diese Mallet-Lok der Gattung K44.9 wurde 1918 in Karlsruhe als Heeresfeldbahnlok gebaut und ging dann als Lok 41 zur NWE. 1956, nach Lieferung der Neubaudampfloks, wurde sie mit ihren Schwesterloks auf die Selketalbahn umgesetzt. In Benneckenstein befindet sich übrigens auch das Schmalspurmuseum zu Geschichte und Betrieb der HSB.
Knapp zwei Jahre nach der erfolgreichen Streckenverlängerung von Gernrode nach Quedlinburg prüfen die HSB eine erneute Erweiterung ihres Netzes. Fünf Jahre nach Abkopplung vom Personenzugverkehr könnte damit die Harzstadt Ballenstedt wieder an den Eisenbahnverkehr angeschlossen werden. Doch selbst wenn alle Prognosen positiv ausfallen sollten, ist zur Zeit ungeklärt, wer den Streckenbau bezahlen soll. Die Verbindung Gernrode – Quedlinburg war vom Land finanziert worden. Solange aber niemand genau sagen kann, mit welchen Einnahmen die HSB auf der neuen Verbindung rechnen kann, ist man im Magdeburger Verkehrsministerium mit Zusagen erst mal zurückhaltend ...
Zum Bild: Lok 99 6001 ist ein Prototyp einer 1'C'1Lokomotive, die Ende der 30er Jahre von Krupp als Lok 21 an die NWE geliefert wurde. 1956, nach Lieferung der Neubauloks, wechselte sie auf die Gleise der Selketalbahn. Hier macht sie kräftig Dampf, um mit ihrer Fuhre den Bahnhof Alexisbad in Richtung Hasselfelde zu verlassen. Auch dieses Bild stammt von Reinhard Meißner.