Blick auf den Bf
Freital-Potschappel von der Fußgängerbrücke aus am 21.04.1995; in der Mitte hinten die Wagenausbesserungsstelle (WAS) Foto: Klaus Gottschling
Die erste Eisenbahnlinie erreichte die Orte Potschappel und Hainsberg nach der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Im Süden von Dresden befand sich eines der drei sächsischen Steinkohlenreviere - das "Döhlener Becken". Um die geförderte Kohle abtransportieren zu können, reichten die Pferdefuhrwerke nicht mehr aus. Auf Initiative der Grubenbesitzer wurde 1853 die "Albertsbahn Aktiengesellschaft" gegründet. Am 28. Juni 1855 eröffnete die Albertsbahn AG ihre Strecke vom Dresdner Albertsbahnhof durch den Plauenschen Grund über Potschappel, Deuben und Hainsberg nach Tharandt. Mit Eröffnung der "Hänichener Kohlezweigbahn" (als "Sächsische Semmeringbahn" und später als "Windbergbahn" und "Possendorfer Heddel" bekannt geworden) am 21. Oktober
1856, der "Niederhermsdorfer Kohlebahn" am 1. Dezember 1856 und
weiterer Anschlussbahnen baute die Privatbahn ihr Netz aus.
Am 11. August 1862 nahmen die Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen (K.Sächs.Sts.E.B.) den Betrieb auf der Strecke Tharandt Freiberg auf. Da die Strecke Dresden Tharandt Teil der Verbindung der K.Sächs.Sts.E.B. von Dresden nach Hof werden sollte, wurde vor Ablauf des Konzessionsvertrags die Albertsbahn AG am 1. Juli 1868 vom sächsischen Staat aufgekauft.
Als zweite 750 mm-Schmalspurbahn in Sachsen eröffnete man am 1. November 1882 die Strecke Hainsberg Schmiedeberg (am 3. September 1883 Eröffnung der Verlängerung bis Kipsdorf; Weißeritztalbahn).
Bei den verschiedenen Eisenbahnprojekten blieb der Wunsch der Stadt Wilsdruff nach einer Schienenverbindung in die Landeshauptstadt Dresden stets unberücksichtigt. Auf Grund der
schwierigen Geländeverhältnisse genehmigte der sächsische Landtag schließlich den Bau einer 750 mm-Schmalspurbahn von Potschappel nach Wilsdruff. Am 30. September 1886 fand die feierliche Eröffnung der ersten Strecke des Wilsdruffer Schmalspurnetzes statt. Von Potschappel bis Niederhermsdorf (später in Wurgwitz umbenannt) benutzte die Linie durch ein Dreischienengleis die Trasse der normalspurigen ehemaligen Niederhermsdorfer Kohlebahn mit.
Weil die Eisenbahnlinie Dresden Werdau (DW Linie) den Straßenverkehr stark behinderte, erfolgte von 1901 bis 1905 die Höherlegung der Hauptbahn. Im Jahr 1909 wurde die bis dahin zweigleisige Strecke zwischen Potschappel Ost (später umbenannt in Freital Ost) und Tharandt viergleisig ausgebaut. Diese Maßnahmen hatten auch Umbauten in den Schmalspurbahnhöfen Hainsberg und Potschappel zur Folge. Im Bahnhof Hainsberg trennte man Personen- und Güteranlagen voneinander.
Die Bedienung der Anschlüsse am Industrieanschlussgleis oblag in den 1950er Jahren den in der Lokeinsatzstelle Freital-Potschappel stationierten Windbergbahn-Lokomotiven (BR 980), hier Lok 98 006 in der Ortsgüteranlage Freital-Potschappel im Jahr 1952. Foto: Georg Otte / Sammlung: Gerhard Grundmann
Schon einige Jahre zuvor war die Idee eines schmalspurigen Verbindungsgleises zwischen Hainsberg und Potschappel geboren, um die Züge ins Osterzgebirge schon in Potschappel beginnen zu lassen und um freizügig Lokomotiven und Wagen zwischen Weißeritztalbahn
und Wilsdruffer Netz austauschen zu können. Der Umbau der DW-Linie brachte endlich die günstigen Rahmenbedingungen für die Realisierung dieses Projekts. Es wurde beginnend im Frühjahr 1913 jedoch lediglich eine dritte Schiene in das regelspurige Industrieanschlussgleis eingelegt. So konnten mangels Ausweichmöglichkeiten keine Schmalspurzüge kreuzen. Angesichts der hohen Belegung durch Anschlussbedienungen der Regelspur wurde kein Personenverkehr zugelassen. Ab 10. September 1913 konnte das 3,25 km lange Verbindungsgleis genutzt werden. 1,9 km wurden als Dreischienengleis ausgeführt.
Die Industriegemeinden Deuben, Döhlen und Potschappel schlossen sich am 1. Oktober 1921 zusammen und gründeten die Stadt Freital. Die Bahnstationen benannte man daraufhin entsprechend um. Der Ort Hainsberg wurde erst 1964 nach Freital eingemeindet.
Nach dem II. Weltkrieg wandelte man die Wagenschlosserei in Freital-Potschappel in eine
Wagenausbesserungsstelle (WAS) um. Dazu wurde 1952 eine neue Wagenhalle errichtet. Der Werkstatt oblag die Reparatur der Wagen der Weißeritztalbahn, des Wilsdruffer Schmalspurnetzes, der Lößnitzgrundbahn (Radebeul Ost Radeburg) und der Dresdner Pioniereisenbahn. Zwischen Freital-Hainsberg und Freital-Potschappel fanden wöchentlich bis
zu drei Überführungsfahrten mit Schmalspurwagen statt.
Im Zusammenhang mit dem Abziehen der verbliebenen Wagen kam Lok 99 1648 (Reko VI K) mit dem letzter Zug von Wilsdruff in Freital-Potschappel an. Foto: Helmut Thümmler / Sammlung: Windbergbahn e.V.
Nachdem bereits andere Strecken des Wilsdruffer Schmalspurnetzes stillgelegt worden waren, stellte man im Januar 1972 den Güterverkehr auf dem Abschnitt Freital-Potschappel
Wilsdruff Mohorn ein. Durch den vernachlässigten Oberbau musste zeitweilig Schienenersatzverkehr durchgeführt werden. Am 27. Mai 1972 fuhr der letzte planmäßige Schmalspurpersonenzug in Freital-Potschappel ab. Dem Schienenersatzverkehr folgte am 1. Oktober 1972 die offizielle Stilllegung der Strecke Freital-Potschappel Wilsdruff.
Auch nach der Stilllegung war die Wagenausbesserungsstelle in Potschappel weiterhin zuständig für die Wagen der übrigen Strecken. Die Wagen wurden mit Schmalspurtransportwagen auf der Regelspur transportiert, in Freital-Hainsberg an der Überladerampe be-/entladen und auf der PHV-Linie nach/von Freital-Potschappel überführt. Deshalb blieben die Schmalspurgleise in Potschappel teilweise erhalten. Sogar Anfang der 1990er Jahre wurden noch einmal durch Lehrlinge Schwellen der Schuppengleise ausgewechselt.
Auch als Ende der 1990er Jahre die Wagen von der Lößnitzgrundbahn von Radebeul Ost per Straßentieflader nach Freital gebracht wurden, erfolgte wegen der ungünstigen Straßenzufahrt zur WAS von Freital-Hainsberg aus die Zuführung per Schiene. Durch das Desinteresse der DB AG an den Schmalspurbahnen wurde die Möglichkeit nicht genutzt, auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs in Freital-Hainsberg eine neue WAS zu errichten.
von Freital-Potschappel zurückgekehrter Sonderzug im Bf Freital-Hainsberg am 23.03.1996; vorn Lok 099 7411 (99 17774) Foto: Klaus Gottschling
Zum ersten Mal seit den 1960er Jahren fanden am 23. März 1996 Sonderfahrten auf dem 750 mm-Gleis von Freital-Hainsberg nach Freital-Potschappel und zurück statt. Fehlende Umsetzmöglichkeiten machten es erforderlich, dass der Zug an beiden Enden mit einer Dampflok bespannt wurde.
Zu verschiedenen Gelegenheiten organisierte die IG Weißeritztalbahn e.V. wiederholt Sonderfahrten auf der PHV-Linie. In Freital-Potschappel hatte man sogar eine Umsetzmöglichkeit geschaffen und den Schmalspurbahnsteig reaktiviert. Bei den Fahrten zum "Tag des offenen Denkmals" am 9. September 2001 genügte somit eine Lok am Zug. Die Fahrgäste konnten in Freital-Potschappel zu-/aussteigen.
Anlässlich des "Dresdner Dampflokfestes" fanden vom 18. bis 20. Mai 2002 Sonderfahrten statt.
Lang anhaltende, ergiebige Niederschläge führten zur als "Jahrhunderthochwasser" bezeichneten Katastrophe. In der Nacht vom 12. zum 13. August 2002 erreichte die Flutwelle die Stadt Freital. Das Wasser, welches bereits die Weißeritztalbahn zerstört hatte, setzte sein zerstörerisches Werk fort. Auf dem Weg Richtung Elbe wurde selbst die Dresdner Innenstadt überflutet. Während der Bahnhof Freital-Hainsberg wie eine Insel noch aus dem Wasser ragte, standen der Bahnhof Freital-Potschappel und die PHV-Linie unter Wasser.
Nach Rückgang des Hochwassers begannen sofort die Aufräumungsarbeiten in der Wagenausbesserungsstelle. Um die Wagen der Lößnitzgrundbahn untersuchen und ausbessern zu können, hat man das Dreischienengleis wieder befahrbar gemacht. So konnten zum "Tag des offenen Denkmals" im September 2002 noch einmal Sonderfahrten durchgeführt werden.
Am 2. Dezember 2002 fand mit Lok 99 1762 die letzte Überführungsfahrt statt. Ab dem 03.12.2002 galt das Gleis als gesperrt. Durch den Status als Anschlussgleis war es nicht nötig, ein vom Eisenbahn Bundesamt (EBA) genehmigtes Stilllegungsverfahren durchzuführen. Da wirtschaftliche Interessen höher bewertet werden als Denkmäler der Technik-Geschichte - die in Sachsen ohnehin keine große Lobby besitzen - löschte man die PHV-Linie aus der Liste der Technischen Denkmäler. Im Zuge des Umbaus der Strecke Dresden Tharandt wurde das Überschneidungsbauwerk zwischen Güterzugumgehungsgleis und PHV-Linie in Freital-Hainsberg verfüllt. Das Gleis der PHV-Linie baute man bis auf wenige Reste (z.B. Bahnübergänge) ab.
Mit dem Abbau der PHV-Linie wurden auch die Projekte beerdigt, die eine Verlängerung der Weißeritztalbahn nach Freital-Deuben (Umsteigemöglichkeit zum neuen Busbahnhof) bzw. bis nach Freital-Potschappel (Besucher von/zur Porzellanmanufaktur) vorsahen.
Die WAS hat eine für Tieflader geeignete Straßenanbindung erhalten. Die Wagen der Lößnitzgrundbahn werden zwischen Radebeul Ost und Freital-Potschappel auf der Straße transportiert. Da die DB AG den Bau einer neuen WAS in Freital-Hainsberg hintertrieben hat, müssen die Wagen der Weißeritztalbahn - wenn diese mal wieder fährt - ebenfalls auf der Straße nach Freital-Potschappel gefahren werden.
Das letzte betriebsfähige Dreischienengleis in Sachsen ist nur noch Geschichte.
Im September 2005 waren noch ein Rest von ca. 300 m Länge auf dem Gelände des Edelstahlwerks Freital und ein Rest in Höhe Porzellanmanufaktur zu finden.