Auf der Ostsee-Insel Rügen verkehrt über Gleise von 750mm Spurweite die Rügensche Bäderbahn, eine Tochtergesellschaft der Pressnitztalbahn. Von Einheimischen und Touristen liebevoll 'Rasender Roland' genannt, verbindet sie die Orte Putbus und Göhren im Personenverkehr. Bis in die späten 60er-Jahre gingen die Gleise über Putbus hinaus weiter bis nach Altefähr, außerdem existierten weitere Strecken zwischen Bergen und Wittower Fähre und, gegenüber des Rassower Stroms, zwischen Fährhof und Altenkirchen. Daß die restliche Kleinbahn nicht wie 1976 vorgesehen ganz verschwunden ist, verdanken wir der Tatsache, daß sie rechtzeitig zum 'Denkmal der Produktions- und Verkehrsgeschichte' erhoben wurde.
Thorsten Kähling konnte Mitte September 2001 am Bahnhof Sellin Ost Lok 99 782 aufnehmen, bevor sie sich weiter in Richtung Göhren in Bewegung setzte. Mit dem Baujahr 1953 gehört sie zu den jüngeren Maschinen der Bahngesellschaft, dazu sieht man ihr zum Zeitpunkt der Aufnahme noch an, daß sie das Ausbesserungswerk Meiningen erst im Februar 1999 hauptuntersucht und aufgefrischt verlassen hat.
Über 20 Jahre später, am Abend des 15.09.2022, legt ein von 99 1784-0 geführter Zug am selben Ort einen Kreuzungshalt mit dem Gegenzug nach Lauterbach Mole ein. Die Szenerie ist aber derweil eine andere: Neue Bahnsteige, Lichtsignale und aufgehübschte Gebäude bilden eine Symbiose mit den historischen Zügen und laden viele Urlauber zu einer Mitfahrt ein.
Die Bahngesellschaft verfügt auch über eine Diesellok, die am 16.09.2022 vor dem Bw Putbus an der 'Strippe' hing. Womöglich kommt sie vor Bauzügen zum Einsatz, denn die Gleisanlagen des Bahnhofs Putbus sind zum Zeitpunkt der Aufnahme eine Großbaustelle. Das Gebäude des Staatsbahnhofs Putbus wurde schon 1889 zusammen mit der Strecke nach Bergen eingeweiht. Erst 1895 erhielten die Reisenden mit der Rügenschen Kleinbahn Anschluß in Richtung Binz, bis man schließlich 1899 durchgängig bis Göhren reisen konnte.
Übrigens kann man vom Bahnhof aus noch den Spannbeton-Viadukt sehen, über den die Züge einst bis nach Altefähr weiterdampften. Es gibt Ideen zu einem Konzept, wenigstens eine kurze Stichbahn über das Bauwerk wiederzuerrichten, um dort außerplanmäßige Museumszüge verkehren zu lassen.
Mit 99 4652 sehen wir eine ehemalige Heeresfeldbahn-Lokomotive, die es vermutlich wie ihre Schwesterlok 99 4653 im Jahre 1965 nach Rügen verschlug. Sie diente Ende der 60er-Jahre auf den nördlichen Strecken und machte somit auch die eine oder andere Fahrt auf der Eisenbahnfähre über den Rassower Strom mit. Von diesen Erinnerungen zehrt sie am 16.09.2022, abgestellt vor dem Bw Putbus.
Lokomotiven alleine machen natürlich keinen Betrieb aus ... ergo werfen wir noch ein paar Blicke auf den RüBB-Wagenbestand. Die im Regelbetrieb befindlichen 970er-Personenwagen tragen inzwischen eine creme-grüne Lackierung mit dem einprägsamen Markenzeichen. Dennoch stehen noch viele anderen Wagen im Design diverser Epochen zur Verfügung, mit denem man stilgerechte Sonderzüge früherer Zeiten zusammenstellen kann (Sellin-Ost, 15.09.2022).
Die DR-Zeit repräsentiert unter anderem der Zweiachser 971-210, der sich wie die meisten anderen musealen Fahrzeuge in einem hervorragendem Zustand befindet.
Neben dem Stammnetz existierten auf der größten Insel Deutschlands noch bis in die DDR-Zeit etliche Feld- und Kreidebahnen, die nur dem Gütertransport dienten.
Die Epoche der früheren Rügensche Kleinbahnen-AG spiegelt sich in Wagen 53 wieder, in dieser braunen Lackierung hält die Bahngesellschaft auch weitere Exemplare bereit.
Übrigens wurde die im Privat- und Kleinbahnsektor bekannte Firma Lenz&Co. mit der Planung und Errichtung des Schmalpurnetzes betraut. Bereits 1910 schied sie aus den Verträgen mit der Rü.K.B. aus, und die Provinz Pommern übernahm die Betriebsführung. Zur NS-Zeit ging dann alles in den neugegründeten Pommerschen Landesbahnen auf. Nach dem Krieg, im August 1949, wurde das Bähnchen dann wie alle anderen Privatbahnen verstaatlicht und fiel der DR zu. Die DB AG gab das unliebsame Erbe 1996 an den Landkreis ab, nach einigem Auf und Ab übernahm dann 2008 die RüBB den Betrieb, bisher erfolgreich.